„Gender Mainstreaming: Mao, Marx und Männerhass – Was der feministische Kassenschlager wirklich bedeutet“

Roland Baader mit zwei seiner Kinder auf der Fähre im Urlaub auf Amrum

Die Schwerstbeschädigung der Vertragsfreiheit durch die Antidiskriminierungsgesetze ist nicht das einzige Unheil, das – ausgehend von den Vereinten Nationen und verbindlich gemacht von der Europäischen Kommission – Europa heimsucht. Seit Jahren, wenngleich erst jetzt allmählich öffentlich thematisiert, gehört zur geistigen Pathologie des totalen Gleichheitswahns auch das sogenannte „Gender Mainstreaming“. Es wurde 1985 erstmals auf der 3. Weltfrauenkonferenz der UN als politische Strategie vorgestellt, auf der 4. Konferenz 1995 als verbindlich für alle Mitgliedstaaten erklärt und 1999 in den beschäftigungspolitischen Leitlinien der EU verankert sowie im Amsterdamer Vertrag verpflichtend für alle Mitgliedstaaten festgeschrieben. Kurz danach beschloss das Kabinett der deutschen Bundesregierung, die Gleichstellung von Männern und Frauen vermittels der Strategie des „Gender Mainstreaming“ zu fördern.

Was ist „Gender Mainstreaming“? „Mainstreaming“ bedeutet „zum Hauptstrom machen“ – also zum zentralen Bestandteil bei allen Entscheidungen und Prozessen in Politik und Verwaltung. Der Terminus „Gender“ stammt aus der Sexualpsychologie. Es geht nicht um das biologische Geschlecht, sondern um das mit diesem nicht immer deckungsgleiche „gefühlte“ und dem gesellschaftlichen Rollenverhalten zuzuordnende Geschlecht. Die Vorläufer-Begriffe „gender identity“ und „gender role“ wurden in den 60er Jahren von John Money geprägt, einem Psychiater in Baltimore, der genüsslich und keine Geschmacklosigkeit scheuend (aber dennoch – oder gerade deshalb – in den Medien sehr erfolgreich) die moralischen Traditionen und Tabus der bürgerlichen Gesellschaft bekämpfte. Zu seinen „Therapievorschlägen“ gehörten alle Arten sexueller Perversionen. Money wurde zum „wissenschaftlichen“ Wegbereiter der Gender-Theorie, die besagt, dass die Unterschiede zwischen den Geschlechtern nicht biologisch bedingt, sondern den Menschen willkürlich durch die Gesellschaft auferlegt seien. Er scheute auch nicht vor einem menschenverachtenden geschlechtsumwandelnden Experiment mit einem Zwillings-Bruderpaar zurück, an dessen Ende der Selbstmord beider „Probanden“ stand.

Diese von der Homosexuellen- und Lesben-Bewegung enthusiastisch aufgenommene Theorie wurde mit dem Begriff „soziales Geschlecht“ hoffähig gemacht. Als Forschungsobjekt, als Frage, inwieweit biologisches Geschlecht und geschlechtsspezifisches Rollenverhalten und Denken/Fühlen übereinstimmen oder divergieren – und warum oder warum nicht –, wäre diese Theorie noch halbwegs interessant. Aber darum geht es den Protagonisten nicht. Die eigentliche treibende Kraft hinter der ganzen Agitation ist der alte sozialistische Wahn von der Erschaffung des „neuen Menschen“ und der entsprechenden Durchführungs-Ermächtigung von Funktionären, Bürokraten, Politikern und machtgierigen Intellektuellen.

„Gender Mainstreaming“ wird in keinem der einschlägigen Dokumente ins Deutsche übersetzt. Volker Zastrow schreibt dazu: „Die Unverständlichkeit ist also gewollt. ‚Politische Geschlechtsumwandlung’ wäre die treffendste Übersetzung.“ Der Blick auf den gesellschaftszerstörenden Kern dieser Massenindoktrination bleibt weitgehend verstellt, weil es sich beim „Gender Mainstreaming“ um ein undurchsichtiges Gebräu aus den Denkperversionen des neomarxistischen Feminismus, des Trotzkismus, des Multikulturalismus und der mit letzterem verwandten Politischen Korrektheit handelt. Dazu sind hier nur einige kurze Bemerkungen möglich: Die Feminismus-Variante „Gender Mainstreaming“ weist eine neomarxistische Komponente aus. Nachdem der Antagonismus „Kapitalisten gegen Proletarier“ nach dem Zusammenbruch des Sozialismus/Kommunismus nicht mehr zieht, haben die linken Gesellschaftsspalter („Teile und herrsche“) das Wort „Kapitalist“ durch „Mann“ ersetzt und das Wort „Proletarier“ durch „Frau“. Sie konstruieren damit ein „Ausbeutungsverhältnis“ und behaupten, alle Unterschiede zwischen den Geschlechtern seien nicht biologischer Natur, sondern durch Erziehung und gesellschaftliche Repression aufgezwungen. Und diese willkürliche Ungleichheit gelte es auszurotten. Manchen Feministinnen geht die Ambition „totale Gleichheit“ nicht weit genug. Sie wollen eine „Umkehrung“ der Geschlechterrollen als Rache „für 20.000 Jahre Unterdrückung der Frau“.

Die Trotzkisten, von denen es in den linken Parteien nur so wimmelt, wollen – getreu der Ambition ihres Meisters Leo Trotzky – die bürgerliche Kultur ausrotten und vermittels des Sozialismus eine neue Kultur entstehen lassen. Es ist aber, wie der Philosoph Günter Rohrmoser zurecht feststellt, nirgendwo eine andere Kultur als die bürgerliche entstanden. Außer der bürgerlichen Kultur haben wir keine andere. (Was der Nicht-Ökonom Rohrmoser nicht sagt, ist, dass diese Kultur eine Folgeerscheinung des gesicherten Eigentums ist – und somit eine Frucht des Kapitalismus. Das konnte man schon an den der Neuzeit vorgelagerten Hochkulturen der oberitalienischen Stadtstaaten beobachten. Ausrottung der bürgerlichen Kultur steht deshalb bei allen Sozialisten und Totalitären synonym für Auslöschung des Kapitalismus). Alle Versuche, ob von Lenin, Stalin, Hitler, Mao, Pol Pot oder von wem auch immer betrieben, den „neuen Menschen“ mit einer „neuen Kultur“ zu schaffen, sind zu totalitären Systemen der Vernichtung entartet. Maos entsprechender Versuch hat 70 Millionen Chinesen das Leben gekostet, weit mehr Menschen als alle Opfer des Zweiten Weltkriegs zusammengenommen.

Multikulturalisten reden zwar von Verschiedenartigkeit und Vielfalt, lehnen aber in Wirklichkeit jede Meinung ab, die von ihrer eigenen Sicht abweicht. Auch bei ihnen schwingt die Melodie des Marxismus mit. Wo Marx von den sozioökonomischen Klassen gesprochen hat, reden die Multikulturalisten von Geschlecht, Rasse, ethnischer Herkunft, Religion, Alter, Reichen und Armen, Kleidungsstil und sonstigen Merkmalen, mit denen sie die Menschen untereinander in Gegensatz und Feindschaft bringen können. Ungleichheiten hinsichtlich Reichtum, gesellschaftlicher Stellung und Macht sehen sie immer und überall als das Ergebnis von Ausbeutung unschuldiger Menschen durch schuldige Gruppen, niemals als Konsequenz von Unterschieden in Fähigkeiten, Anstrengungen, biologischen Eigenschaften, Temperament, Vorlieben, Glück oder Zufall. Wenn Männer in besseren Positionen sitzen, dann kann das – so die Sicht des Multikulturalisten – nur daran liegen, dass sie die nachgiebigeren Frauen übertölpelt haben. Wenn Weiße wohlhabender sind als Schwarze, dann kann das nur daran liegen, dass sie die Farbigen unterdrückt und bestohlen haben.

Der Wahn vom „Gender Mainstreaming“ erfährt zusätzlichen Schub im Wohlfahrtsstaat, weil dessen politische Mechanismen auf die Erzeugung von immer neuen selbsternannten Opfergruppen hinauslaufen. Das Lamentieren über Benachteiligungen ist für jede größere Interessengruppe erfolgreich, weil die Politik darauf unter Stimmenfang-Aspekten reagiert. Das macht Schule und treibt immer weitere Blüten. Zu den Opfern zählen dann nicht nur die Armen und Bedürftigen, sondern auch Migranten, Frauen, Mütter, Schwule und Lesben oder Nichtraucher. So waren etwa die Feministinnen in den USA mit ihren Klagen über Benachteiligungen von Mädchen und Frauen in Schulen und Universitäten so erfolgreich, dass nunmehr eine neue „Opfergruppe“ entstanden ist, nämlich bildungstechnisch benachteiligte Jungen und Männer. Dieser Affenzirkus zerstört nicht nur sukzessive das Recht und die Freiheit, sondern kostet auch enorme Summen. Die Bürokratie wuchert und die politisch korrekte Personalpolitik der Unternehmer verteuert die Güter und Dienste. Da sich der Staat als Retter für immer neue Opfergruppen anbietet, wird allmählich die gesamte Gesellschaft zum Opfer Leviathans.

„Gender Mainstreaming“ setzt all dem die Krone auf und ist weitaus gefährlicher als alle genannten Pathologien zusammengenommen. Bettina Röhl ist zuzustimmen, wenn sie in der Zeitschrift „Cicero“ schreibt: „‚Gender Mainstreaming’ heißt im Klartext kompletter Umbau der Gesellschaft und Neuerfindung der Menschheit. ‚Gender Mainstreaming’ ist eine Art totalitärer Kommunismus in Sachen Sex und Geschlechterbeziehung. Mädchen in die ‚Gender Mainstreaming’-Förderprogramme, Jungs in die ‚Gender Mainstreaming’-Umerziehungsschule, wo sie die historischen Verbrechen der Männer an den Frauen büffeln. Und die Familie? Abgeschafft. Nur schwach kann ‚Gender Mainstreaming’ verbergen, dass hier eine Art pseudowissenschaftlicher ‚Rassismus’ und letztlich auch Sexismus zwischen den Geschlechtern initiiert wird, an dessen Ende eine männerlose Welt stehen könnte. Eine Allmachtsphantasie.“

Die „Gender Mainstreaming“-Ideologie gibt sich sanft, ist aber aggressiv und verweigert sich den gesellschaftlichen Realitäten. Die weibliche Rolle als Hausfrau und Mutter wird ausschließlich als Verschwendung von Humankapital und als Karrierehindernis betrachtet, obwohl die Mehrheit der betreffenden Frauen ihre unendlich wichtige und für die Erhaltung von Kultur und Zivilisation unerlässliche Funktion ganz anders sieht. Und obwohl bekannt ist, dass die Mehrheit der Mütter in Deutschland gerne halbtags und nur ungern ganztags arbeiten möchte, hat die dem „Gender Mainstreaming“ verpflichtete rot-schwarze Koalition ein entgegengesetztes Gesetz verabschiedet. Dahinter steckt unter anderem auch die unausgesprochene Absicht, die Frauenarbeitsquote zu erhöhen und somit die maroden Sozialkassen (vorübergehend) zu entlasten.

Wenn sich, was zu erwarten ist, die von einem SPD-Politiker eingeforderte „Lufthoheit über den Kinderbetten“ mit „Gender Mainstreaming“ verbindet, wird das verbrecherische Spiel mit dem Lebensglück der Kinder dazu führen, dass sich die westliche Gesellschaft und die abendländische Kultur vermittels eines inneren Fäulnisprozesses selbst zerstört. In Schweden wird bereits ein politisches Programm diskutiert, in dessen Verlauf den Kindern bereits im Kindergarten alle geschlechtsspezifisch unterschiedlichen Verhaltensweisen „abzugewöhnen“ und „auszutreiben“ seien. Damit wird zugleich die Axt tiefenpsychologisch an das gelegt, was Bettina Röhl „das schönste und größte Geheimnis von Männern und Frauen“ genannt hat, nämlich an die in Millionen von Büchern und Liedern besungene und von Milliarden Menschen erlebte erotische und sexuelle Anziehungskraft zwischen den Geschlechtern. Was die Besetzung der Bildungs-Institutionen und der Begriffe durch die Intellektuellen der sogenannten „68er-Revolution“ noch nicht an geistigem und kulturellem Zerstörungswerk vollbracht hat, das wird „Gender Mainstreaming“ vollenden. Der Sozialismus mit seinem Gleichheitswahn hat tausend Gesichter. Und alle zeigen – bei Licht besehen – die Fratze des Todes.

(Literatur:  Volker Zastrow: „Gender – Politische Geschlechtsumwandlung“ (2006) )

aus:  eigentümlich frei – Nr. 69 – Jan./Feb. 2007 – S.40-42