Portrait

Fragen und Antworten

1) Wer genau waren Ihre besonders einflußreichen Lehrmeister in welcher Phase Ihres Schreibens?

Von Anfang an (Beginn der Autorentätigkeit 1987) starke Prägung durch Friedrich A. von Hayek, den ich 7 Semester lang gehört hatte. Hayek hat auch die Spur zu Ludwig von Mises und Karl Popper gelegt, mit denen ich mich zunehmend beschäftigt habe. Einige Schriften von Wilhelm Röpke hatten mich bereits während der Schulzeit fasziniert. Mehrere Begegnungen mit dem Philosophen Günter Rohrmoser (ab 1990) haben mich zwar nicht zum Konservativen gemacht, aber meine zuvor schon christlich geprägten Werthaltungen bestärkt. Der intensive Gedankenaustausch mit dem Trierer Wissenschaftstheoretiker Professor Gerard Radnitzky (ab 1991) eröffnete mir die Welt des amerikanischen Libertarianism. Über Radnitzky fand ich auch Zugang zur Mont Pèlerin Society (Mitgliedschaft ab 1996) und zu radikalliberalen Denkern wie Hans-Hermann Hoppe und Anthony de Jasay. Das war eine entscheidende Weichenstellung: Bis anhin hatte ich mich zwar als Klassisch-Liberaler verstanden, aber das deutlich stringentere Gedankengebäude von Mises lag mir noch näher – und ich hatte die zeitaktuelle Fortsetzung dieses Denkens im deutschsprachigen Raum vermißt.

In der angelsächsischen Literatur (angeregt von Radnitzky und Hoppe) fand ich Zugang zum “right wing libertarianism“, speziell zu Murray N. Rothbard. Die Kombination aus radikalem politischem und ökonomischem Liberalismus einerseits und dem Werte-Konservativismus der “right wing libertarians“ andererseits traf genau meine intellektuelle Befindlichkeit. Sie schien mir (nicht in allen, aber bei den meisten Aspekten) die konsequente und logisch kongruente Fortsetzung der Mises’schen Theorienwelt zu sein. Alle meine weiteren Studien haben das bestätigt. Diese Erweiterung meines radikalliberalen Denkens hatte sich bis zur Publikation von “Fauler Zauber” verfestigt und ist bis heute im Wesentlichen unverändert geblieben. Von den zahllosen übrigen Liberalen und Libertären, mit denen ich mich in den letzten Jahren beschäftigen konnte, habe ich am meisten von Llewellyn H. Rockwell, von Robert Nef, Hans F. Sennholz und Israel Kirzner gelernt.

1997_Am Schreibtisch_mit Radnitzky-Foto im Hintergrund

Mit den Füßen im Klassischen Liberalismus Hayeks und der Old Whig-Philosophen, mit dem Kopf im Libertarianism Rothbard’scher und Hoppe’scher Prägung, und mit dem Herzen im Radikalliberalismus von Mises: So in etwa könnte man meinen intellektuellen Standort lokalisieren.

Von großer Bedeutung für meinen intellektuellen Werdegang waren auch Vorbild-Figuren aus dem praktischen Leben – wie Großeltern, Vater, Onkel usw., aber das ist eine andere Geschichte, die nicht hierher gehört. Dasselbe gilt für meine intensive Beschäftigung mit vielen Philosophen schon während der Schulzeit. Obwohl ich mit den herkömmlichen Schulfächern mehr als genug zu kämpfen hatte, belegte ich freiwillig das Wahlfach “Philosophie” und las alles, was sich nicht wehrte und was es für ein paar Pfennige im Antiquariat gab – von A wie Aristoteles bis Z wie Zarathustra. Meine ganz große Liebe galt allerdings der Poesie – und jenen Autoren, deren Sprache nicht weit von der Poesie entfernt ist, wie bspw. Stefan Zweig und Edzard Schaper.

2) Haben Sie einige eigene Lieblingszitate oder Aphorismen?

Ich nehme an, daß es bei Ihrer Frage nicht um Zitate anderer Autoren geht, die mir besonders gut gefallen. Von denen hätte ich natürlich eine fast unabsehbare Zahl. Sie fragen wahrscheinlich nach Zitaten von mir selber (darauf deutet das Wort “eigene” hin). Dazu eine kleine Anmerkung: Sobald sie fertig geschrieben und gedruckt waren, habe ich keines meiner Bücher mehr gelesen. Ich komme mir dann eher wie eine Hebamme vor: Kind auf die Welt geholt – und dann tschüß und weiter zur nächsten Geburt. Schon oft haben mich Leser gefragt, warum ich nicht ein “Brevier” mit besonders wichtigen oder besonders trefflichen Sätzen aus meinen Büchern und Artikeln herausgebe. Aber ein “Baader-Brevier” von mir selber? Ein Unding! Der langen Rede kurzer Sinn: Mit eigenen Zitaten aus meinen Schriften kann ich nicht aufwarten. Es bleiben nur die “Freiheitsfunken”, die mir manchmal einfallen und die ich dann gesondert aufschreibe. Da man jedoch bei seinem eigenen Kram eine Art “Betriebsblindheit” entwickelt, fällt es mir schwer, zu entscheiden, was davon mehr oder weniger wichtig ist.

3) Was sind Ihre Hauptanliegen in Ihren Büchern?

Mit “Kreide für den Wolf. Die tödliche Illusion vom besiegten Sozialismus” soll die tiefe (und unausrottbare) Verankerung der sozialistischen Theorien in Geist und Gemüt der Menschen herausgearbeitet werden – und somit auch die ständig lauernde Gefahr des Freiheitsverlustes. Es soll gezeigt werden, daß diese Gefahr nach dem weltweiten Zusammenbruch der sozialistisch-kommunistischen Systeme keineswegs gebannt ist – und niemals gebannt sein wird. Der Sozialismus kann zwar, wie Mises zu Beginn des 20. Jahrhunderts belegt hat, niemals funktionieren und wird immer in Tyrannei und Totalitarismus münden, aber er ist ein hervorragendes politisches Machtinstrument, weil er die (noch immer atavistische) psychische Konstitution der Menschen anspricht.

Mit “Fauler Zauber. Schein und Wirklichkeit des Sozialstaats” wird enthüllt, daß es sich beim Sozial- und Wohlfahrtsstaat um einen schleichenden oder “Samtpfoten” – Sozialismus handelt, der ebenso zusammenbrechen muß wie der “harte” Sozialismus – aber eben langsamer und später. Wie jede Art und Form von Sozialismus stellt er ein unwiderstehliches politisches Machtinstrument dar, das jedoch wegen seiner Sozial- und Moral-Schalmeien von den Freunden der Freiheit und den Verteidigern der Wahrheit noch schwerer zu entlarven und zu bekämpfen ist als der “alte” Sozialismus. Seine zerstörerischen Wirkungen auf Freiheit, Recht, Moral, Karitas, Wohlstand und Gesellschaft werden akribisch als “Fauler Zauber” herausgearbeitet.

Mit “Die belogene Generation. Politisch manipuliert statt zukunftsfähig informiert” werden die 65 in der Bevölkerung meistverbreiteten Irrtümer bezüglich Freiheit, Marktwirtschaft, Kapitalismus, Recht und Staat offengelegt und widerlegt. Im Interview-Stil werden die Fragen und Einwände formuliert und beantwortet, die mir bei meiner umfangreichen Vortragstätigkeit wiederholt gestellt oder entgegengehalten worden waren. Es soll ein kurzes und leicht verständliches Lehrbuch (für ökonomische Laien, aber auch für irregeleitete Studenten) über Wesen und Funktion der Marktwirtschaft sein (der freien Marktwirtschaft – und nicht des Lug- und Trugbildes der “Sozialen Marktwirtschaft”). Professor Hoppe schrieb zu dieser Publikation: “Dieses Buch wird Deutschland und die Deutschen verändern. Hoffentlich, und vielleicht wirklich im letzten Moment, bevor sich dieses Land ganz von der Freiheit verabschiedet.”

Mit “totgedacht. Warum Intellektuelle unsere Welt zerstören” wird nachgezeichnet und analysiert, wie und warum alle gesellschaftlichen Tragödien und alle Schreckensregime des 20. Jahrhunderts in einem Zeitgeist-Klima entstanden sind, das zuvor von den intellektuellen Eliten erzeugt worden war. Alle totalitären Menschheitskatastrophen waren letztlich Kopfgeburten von Intellektuellen. Und die Intellektuellen, was immer sie sonst unterscheiden mag, waren und sind sich in einem immer einig: Im Antikapitalismus und in ihrem anmaßenden Selbstverständnis als “Zuchtmeister und Hohepriester des dummen und unmündigen Volkes”.

Mit “Geld, Gold und Gottspieler. Am Vorabend der nächsten Weltwirtschaftskrise” soll die Schlüsselfunktion des Geldes aufgezeigt werden, besonders die Tatsache, daß es der politischen Kaste nur vermittels des staatsmonopolistischen Falschgeldes möglich ist, alle Lebensbereiche der Menschen zu durchdringen und den Großteil der Einkommen und Ersparnisse der Bevölkerung an sich zu reißen. Nur mit dem fiat money und dem damit beliebig erzeugbaren Kreditgeld können Regierungen, Funktionäre und Bürokratien die Illusion verbreiten, sie seien die eigentlichen Macher und Steuerleute für Wachstum, Beschäftigung, Wohlstand, Konjunktur, Gerechtigkeit und Moral. Nur mit dem Falschgeld-Monopol können sie “Gott spielen“ und fast unbegrenzte Herrschaft ausüben. Zugleich wird der (nicht nur keynesianische) Mythos widerlegt, Staat und Zentralbanken könnten vermittels Geld- und Fiskalpolitik das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung fördern und konjunkturelle Krisen verhindern. Es wird gezeigt, daß es diese Staatsklempnerei – im Zusammenspiel mit dem beliebig erzeugbaren Falschgeld ist, die überhaupt erst künstliche Booms mit anschließenden Rezessionen oder Depressionen und Finanzkrisen erzeugt. Professor Sennholz schrieb zu diesem Buch: “Besonders bekümmert bin ich über die deutschen Hochschullehrer, die – statt den Weg ans Licht zu zeigen – gegenwärtig die Verwirrung anführen und verschlimmern. Aber in der deutschen Wüste gibt es eine Oase, und das ist das Roland Baader-Fort mit seinen Freunden.”

Mit den übrigen Büchern (R.B. als Herausgeber) sollen aktuelle (Radnitzky, Nef, Habermann, Bouillon, Jasay etc.) und historische (Mises-Brevier) Freiheitsdenker zu Wort kommen und dem Publikum näher gebracht werden.

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Generell zum Hauptanliegen meiner Bücher: Ähnlich der Weisheit im Satz von Rabelais “Kinder sind keine Fässer, die man füllen – sondern Feuer, die man entzünden muß”, glaube ich, daß man die Freiheitsliebe nicht nur mit nüchterner Logik in die Köpfe der Menschen stopfen kann, sondern daß es zur Fruchtbarkeit der Freiheitsidee auch des Entzündens der Herzen bedarf. Die Freiheit nur als nüchternes Kalkül zu schätzen, hält nicht lange. Sie muß auch als lodernde Flamme empfunden werden. Freiheitsliebe hat mit Liebe und Leidenschaft zu tun. Natürlich bedarf es zur Überzeugungs-arbeit auch der Vermittlung der glasklaren Logik der Freiheit und ihrer Prinzipien: der Wahrheit, der Freiwilligkeit, der Friedlichkeit, des Eigentums und des Vertrags. Aber man kann den Menschen die rational hergeleiteten Wahrheiten des (echten) Liberalismus entweder als trockenen Staub ins Gesicht blasen – oder man kann ihnen diese Wahrheit auch als Melodien ins Ohr singen. Nur letzteres hat Erfolg. Was der Sozialismus mit der Lüge veranstaltet, nämlich sie in die Herzen der Menschen zu schleusen, das müssen wir Klassisch-Liberalen und Libertären mit der Wahrheit versuchen.

Ich hatte deshalb nie den Ehrgeiz, rein akademische Schriften zu verfassen (wie bspw. einen Beitrag in “Ordo” zu schreiben, obwohl alle 54 Bände in meiner Bibliothek stehen), die nur von Professoren, Doktoranten und Examens-Studenten gelesen werden. Immer habe ich mich mehr als “Übersetzer” verstanden, der die großen Freiheitsideen und die wichtigen Erkennt-nisse der Ökonomie und anderer Gesellschaftswissenschaften einer breiten (Laien-) Leserschaft in ansprechender Verpackung vermittelt. Tausende von Leserzuschriften bestätigen mir den Erfolg dieser Bemühung. Unzählige Leute, die nun – nach der Lektüre meiner Publikationen – auch Hayek, Mises, Rothbard, Hoppe usw. lesen, hatten zuvor noch nicht einmal deren Namen gekannt, geschweige denn deren Ideen. Es gibt gewiß viele ungelöste Probleme in der ökonomischen Wissenschaft, die der akademischen Forschungsarbeit bedürfen, aber das größte und folgenreichste all dieser Probleme liegt in der Tatsache, daß 99% der Bevölkerung (und annähernd ebenso viele unter den Intellektuellen und Medienschaffenden) wenig bis nichts von Ökonomie verstehen, sich zugleich aber als Experten bei allen gesellschaftspolitischen Fragen von ökonomischer Relevanz aufspielen. Dem entgegenzuwirken, ist der Kern meiner Motivation als Autor.

4) Mit welchem Denker verbindet Sie besonders viel – und mit wem besonders wenig?

Besonders viel verbindet mich mit:

a) Ludwig von Mises. Er ist der klarste und genialste aller großen Freiheitsdenker. In einem gewissen Sinn verdanken wir ihm, daß es den Hayek, den wir kennen, gegeben hat. Und die heutigen “Austrians” unter den Libertären verdanken es ihm, daß er die “vergessene” Österreichische Schule der Nationalökonomie über dunkle Jahrzehnte hinübergetragen hat, bis die von ihm bewahrte geistige Glut ein neues Feuer entfachten konnte.

b) Friedrich A. von Hayek. Soweit es im deutschsprachigen Raum und in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Renaissance des Klassischen Liberalismus gegeben hat, geht das überwiegend auf Hayek zurück. Auch Großbritannien verdankt ihm das Ende – besser: die Teilrevision – des 40-jährigen sozialistischen Niedergangs. (Ohne Hayek kein IEA, und ohne IEA keine Maggie Thatcher).

c) Karl Popper. Poppers “Kritischer Rationalismus” hat die Erkenntnistheorie revolutioniert – und mit ihr der Wahrheit eine neue Chance gegen den Nihilismus gegeben. (Schon während des Studiums hatte mich Poppers “Logik der Forschung” fasziniert, aber die tiefsten Einblicke in sein Werk wurden mir vom Wissenschaftstheoretiker Gerard Radnitzky vermittelt).

d) Nicolàs Gómez Dávila. Ein grandioser Querdenker und ein “Reaktionär“ im besten Sinn des Wortes. Auch daß er ein traditionalistischer Katholik ist, verbindet mich mit ihm.

Viel verbindet mich mit:

a) Edmund Burke. Burke ist einer der großen Väter des Klassischen Liberalismus. Er war liberaler Reformer und zugleich Verteidiger der etablierten Ordnung (insoweit also auch Konservativer). In summa war er eher ein Liberaler (Whig) als ein Konservativer (Tory).

b) Carl Menger. Eine tragische Figur, aber ein wichtiger Mitbegründer der Österreichischen Schule – und eine Art “Geburtshelfer“ der großen Denker Mises und Hayek. Lange Zeit wegen seines Pessimismus’ als Narr bezeichnet, hat ihm die Geschichte des 20. Jahrhunderts doch mehr als rechtgegeben.

c) Erik von Kuehnelt-Leddihn: Vielleicht das letzte geistesgeschichtliche Genie der Neuzeit. Ein enzyklopädischer Geist und eine Art Edmund Burke des 20. Jahrhunderts.

d) Arnold Gehlen. Eines der wenigen “weißen Schafe” der Soziologen-Zunft, und der große Streiter gegen die geistige Pest der Frankfurter Schule.

e) Samuel P. Huntington. Ein großer Analyst der Pathologie der Moderne. Streiter gegen die Hybris des Menschen, sich als das Maß aller Dinge zu sehen. Kundiger Prophet der intellektuellen Selbstzerstörung der westlichen Welt.

Besonders wenig verbindet mich mit:

Carl Schmitt. Er hätte bei der Theologie bleiben sollen – und sie nicht zur “politischen Religion” im Dienste des totalen Staates verformen sollen. Kein Wunder, daß er neuerdings von der Linken ausgegraben wird (obwohl der eine Figur der “Konservativen Revolution” war). Ein eigentlich genialischer Staatsrechtler, der aber dem deutschen Etatismus viel Auftrieb gegeben hat.

[Das Portrait beruht auf einem Austausch zwischen Roland Baader und André Lichtschlag. Es floss ein in den Beitrag “Der Feuermacher”, Stichwortgeber für die Politik, Bd. 2, Eigenverlag der Politischen Akademie, Wien 2006, der hier vollständig zur Verfügung steht.]